#218 Das letzte Abendmahl
Shownotes
Im Herbst ihres Lebens finden Alois und Sybille ihren zweiten Frühling. Über ein Online-Dating-Portal lernen sich die beiden Rentner:innen 2011 kennen - und innerhalb kürzester Zeit lieben. Die 67-jährige Sybille lässt ihr Leben in Berlin hinter sich und zieht zu dem 75-jährigen Alois nach München, doch nach wenigen Jahren weichen die Schmetterlinge im Bauch der alltäglichen Routine. Streitigkeiten treten immer häufiger auf - es geht um Kleinigkeiten wie der Wohnungseinrichtung, aber auch existenzielle Dinge wie Geld. Alois fühlt sich immer mehr ausgenutzt und Sybille immer mehr eingeschränkt, bis sich die anfangs so Verliebten immer öfter denken: Wie komme ich nur aus dieser Ehe wieder raus?
In dieser Folge von “Mordlust – Verbrechen und ihre Hintergründe” nehmen wir einen Fall unter die Lupe, der zeigt, wie aus jahrelanger Liebe der größte Verrat entspringen kann. Ein Fall voller Heimtücke, Intrigen und einer überraschenden Zeugin, die am Ende den entscheidenden Beweis bringt.
Experte in dieser Folge ist Prof. Dr. Fritz Pragst, Chemiker und langjähriger Leiter der Abteilung Forensische Toxikologie an der Charité Berlin.
Credit
Produzentinnen/ Hosts: Paulina Krasa, Laura Wohlers Redaktion: Paulina Krasa, Laura Wohlers, Simon Garschhammer Schnitt: Pauline Korb Rechtliche Abnahme: Abel und Kollegen
Quellen (Auswahl)
Landgericht München, Urteil vom 23. Mai 2019, 2 Ks 127 Js 153106/18 Süddeutsche Zeitung: “Frostschutzmittel zum Abendessen” Süddeutsche Zeitung: “Haftstrafe wegen versuchten Mordes mit Frostschutzmittel” Bild: “Seine Frau servierte ihm den Tod”
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true crime, wahre verbrechen, mord, mordfall, krimi, verbrecher, Spannung
Transkript anzeigen
00:00:11: Herzlich willkommen bei Mordlust, einem Podcast der Partner in Crime.
00:00:14: Wir reden hier über wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
00:00:16: Mein Name ist Paulina Graser
00:00:18: und ich bin Laura Wohlers.
00:00:19: In jeder Folge erzählen wir einen bedeutsamen Warenkriminalfall nach, ordnen ihn für euch ein, erörtern und diskutieren dioristischen, psychologischen oder gesellschaftlichen Aspekte und wir sprechen mit Menschen mit Expertise.
00:00:31: Hier
00:00:31: geht es um True Crime, also auch um die Fixale von echten Menschen.
00:00:34: Bitte behaltet das immer im Hinterkopf.
00:00:36: Das machen wir auch, selbst dann werden wir zwischendurch mal etwas abschweifen.
00:00:39: Das ist für uns so eine Art Comic Relief, aber natürlich nicht despektätig gemeint.
00:00:44: Heute sprechen wir über einen Fall, der zeigt, dass das größte Unheil manchmal nicht in einem plötzlichen Gewaltausbruch lauert, sondern sich leise, schleichend und unbemerkt in den eigenen Verwänden entfaltet.
00:00:56: Vorher habe ich aber noch eine Frage an dich, Paulina.
00:00:59: Hast du deine Uni-Hausarbeiten eigentlich immer selber geschrieben?
00:01:04: Ja, aber ich fühle mich gerade doof, dass ich das so gemacht habe, wenn du die Frage jetzt so stellst.
00:01:09: Wen hätte ich das dann schreiben lassen können?
00:01:12: Nee,
00:01:12: ich hatte es auch immer selber gemacht.
00:01:14: Ich kannte aber Leute... bei mir mit im Studiengang, die andere bezahlt haben, damit andere das für sie machen.
00:01:22: Ja,
00:01:22: das Geld hatte ich nicht.
00:01:24: Aber sonst hätte ich es bestimmt auch gemacht.
00:01:26: Ja, ich hätte mich das nicht getraut.
00:01:28: Als wir studiert haben, war doch auch alles hier mit Gutenberg, Plagiatskandal und so.
00:01:32: Ich hatte da immer vor Angst, Ich habe zumindest nicht absichtlich irgendwo abgeschrieben oder sowas, aber keine Ahnung, wenn man hundert Quellen hatte für dreißig Seiten Hausarbeiter oder sowas.
00:01:44: Weißt du, ich hatte Schiss, dass ich dann irgendwie am Ende ein Problem kriege, weil irgendwie Einsatz genau gleich war wie in einem Buch.
00:01:51: Weißt du?
00:01:52: Ja, genau.
00:01:53: Also ich glaube auch, dass sie den Doktortitel... straight entzogen hätten, wenn die gesehen hätten, dass dann ein Satz da gleich ist, die gefangen besteht.
00:02:03: Da hätte ich an deiner Stelle auch schlaflose Nächte von.
00:02:06: Nee, aber ich weiß im Grunde genau, was du meinst, weil das ist ja beim Podcast auch manchmal so, dass wir so viele Quellen haben und dann schreiben wir was und denken... Ah ja, ich weiß ganz genau, wie ich diesen Satz jetzt formuliere.
00:02:16: Und da lese ich das später noch mal oder liess noch mal irgendein Artikel dazu.
00:02:19: Und entsteht der Satz halt genauso drin, wie ich den aufgeschrieben hatte.
00:02:23: Und ich habe das ja gar nicht absichtlich gemacht, sondern das war in meinem Kopf halt noch als Erinnerung.
00:02:27: Und ich dachte, das wäre meine Idee gewesen.
00:02:30: Ja, genau, davor hatte ich Angst.
00:02:32: Aber gut, ich hatte ja eben immer eine gute Intention dahinter.
00:02:35: Andere, wie gesagt, haben andere Leute beauftragt.
00:02:38: Und das ist ja sozusagen so Ghostwriting.
00:02:41: Und gerade gibt es einen ganz aktuellen Fall, der in Lüneburg verhandelt wird.
00:02:45: Und da geht es um eine Beauftragung eines Ghostwriters für eine Dissertation.
00:02:51: Da geht es aber jetzt nicht um Urkundenfälzung oder Betrug, denn diese Doktorarbeit wurde nie abgegeben.
00:02:56: Sondern die Studentin, die den Ghostwriter beauftragt hat, ist die Klägerin.
00:03:02: Und zwar, weil sie sagt, ich will mein Geld zurück, weil die Arbeit so kacke war.
00:03:06: Ja, das kann ich voll nachvollziehen.
00:03:08: War die denn objektiv gesehen kacke?
00:03:11: Das ist ja wichtig.
00:03:11: Also na klar, also man beauftragt jemanden und dann soll das bestimmte Standards erfüllen und wenn die Arbeit das nicht tut, dann bezahlt man das halt nicht.
00:03:22: Also ja, sie und ihr Anwalt sagen diese Arbeit, also man konnte die in keinster Weise benutzen oder so, ja.
00:03:31: Und in dem Vertrag zwischen den beiden war aber eben festgehalten worden, dass die Studentin pauschal, zweitausendfünfnacht Euro zahlt und dann pro fertig gestellte Seite nochmal hundertzwanzig Euro.
00:03:43: Als die hundertdreißig Seitenarbeit im März, zweitausenddreiundzwanzig dann fertig war, war die Studentin aber eben unzufrieden, schickte dem Ghostwriter mehrere Beschwerde-E-Mails und reichte dann Klage ein, als er sich nicht mehr meldete.
00:03:57: Und jetzt steht sie eben vor Gericht und fordert eine Rückzahlung von sixteen tausend neunhundert Euro sowie die Übernahme ihrer Anwaltskosten.
00:04:05: Das Gericht muss jetzt entscheiden, ob der Vertrag von den beiden überhaupt gültig ist oder ob er nicht sittenbietrig ist.
00:04:13: Weil, wie wir ja eigentlich alle wissen, soll eine Dissertation ja schon selbst geschrieben haben.
00:04:20: Was würde dann ein Doktor nicht überhaupt wert sein, wenn man den halt einfach so kaufen kann, ja?
00:04:25: Das ist richtig.
00:04:27: Ja, ja, da würde ich aber sagen, sie hat jetzt erstmal schon ein Recht, ihr Geld zurückzubekommen oder was?
00:04:34: Also wieso will sie eigentlich sechzehntausend Euro von ihm?
00:04:36: Das ist doch viel zu viel oder nicht?
00:04:38: Das ist einfach das Geld, was sie ihm bezahlt hat für die Hundertdreißig Seiten.
00:04:42: Und sie kann die ja jetzt gar nicht benutzen.
00:04:44: Deswegen wird sie ihr Geld zurück.
00:04:46: Genau, ich würde es zweiteilen.
00:04:47: Ich würde sagen, sie müsste das Recht haben, zu klagen, das Geld zurückzubekommen, wenn es wirklich schlecht war.
00:04:54: Ich dachte, sie will auch noch Schmerzensgeld, weil es so schlimm war zu lesen oder so.
00:04:57: Nee, okay, also sie soll ihr Geld zurückbekommen.
00:05:00: Und dann würde ich sagen, und wenn sie es dann aber eingereicht hätte, dann hätte man natürlich auch rechtlich dagegen vorgehen müssen, weil sie sich da den Doktortitel erschlichen hat.
00:05:09: Okay, also du ... Du bist jetzt dafür, dass ihr Geld zurückkriegt, ja?
00:05:14: Warte, da muss ich
00:05:15: nochmal genau überlegen.
00:05:17: Vom ersten Impuls her, würde ich sagen, ja.
00:05:19: Aber wie gesagt, ich bin nicht dafür, dass sie den Doktortitel kriegt, ja.
00:05:23: Ja,
00:05:23: nee, also Doktortitel will sie wohl jetzt auch gar nicht mehr haben.
00:05:28: Sie möchte einfach nur ihr Geld jetzt erstmal zurück haben.
00:05:31: Und darum geht es ja jetzt auch vor Gericht, also gucken, ob dieser Vertrag überhaupt gültig ist.
00:05:36: Weil eigentlich eben ja jedem klar sein sollte, dass man das nicht machen sollte.
00:05:42: Das Gericht muss quasi jetzt prüfen, ob so ein Vertrag gegen die allgemeine Wertvorstellung der Gesellschaft verstößt, also Sittenwidrig ist und dann ob denen das klar war, also der Studentin und den Ghostwriter.
00:05:54: Wenn das so ist, gäbe es gar keinen Vertrag und sie hätte ihr Geld wahrscheinlich auch verloren.
00:06:00: Ich finde es natürlich auch schon doll, wenn man so viel Geld bezahlt, über sechzehntausend Euro und dann kriegt man so eine Arbeit vor die Füße gerotzt, die man überhaupt nicht benutzen kann.
00:06:11: Das finde ich auch doll und schlimm.
00:06:13: Aber ich finde auch, wenn jemand den Plan hat, bei seiner Dissertation zu schummeln, dann finde ich das jetzt auch irgendwie gerecht, wenn sie da auf ihren Kosten sitzen bleibt.
00:06:23: Genau, aber für mich ist da so ein bisschen dieses Problem sein wollte.
00:06:26: Weißt du, es ist ja nicht zustande gekommen am Ende.
00:06:30: Spannend ist das Urteil ja auch jetzt nicht nur für die Studentin und für uns, sondern auch generell für das Geschäft der Ghostwriter, weil momentan machen Studierende natürlich einen großen Teil der Kundschaft aus.
00:06:41: Und wenn der Vertrag jetzt als Sittenwidrig bewertet wird, weil das ist hier ja quasi ein Fall der nie, sowas gibt es nie vor Gericht.
00:06:49: Genau.
00:06:50: Also wenn der Vertrag jetzt als Sittenwidrig bewertet wird, dann wird dann klares Signal gesendet nach dem Motto.
00:06:57: Wenn ihr andere Leute eure Arbeiten schreiben lasst, dann geht ihr ein wirtschaftliches Risiko ein und dann seid ihr am Ende quasi die Dom, wenn da nicht eine ordentliche Arbeit abgeliefert wurde.
00:07:08: Und so könnte man den Markt da zumindest ein bisschen bremsen.
00:07:11: Das würde ich an sich halt echt gut finden, weil ich finde es von der Sache her natürlich ein Unding.
00:07:16: Also sie soll das natürlich selber schreiben.
00:07:18: Ich habe jetzt halt nur quasi diesen Bereich betrachtet.
00:07:22: diesen Vertrag zwischen den beiden.
00:07:24: Ja.
00:07:24: Aber wo kommen wir denn dahin, wenn auf einmal alle Leute solche Arbeiten für sich machen lassen?
00:07:30: Total.
00:07:32: Also es ist auf jeden Fall spannend und das Urteil soll am elften November gefällt werden.
00:07:36: Wir können ja auf unserem Instagram-Account-Modus der Podcast nochmal Bescheid geben, wie das dann ausgegangen ist.
00:07:42: So und jetzt nehmen wir euch aber mit in eine Geschichte, in der eine Ehe nach außen hin wirkt, wie jede andere, während unter der Oberfläche ein Verrat wächst, der alles in Zwang bringt.
00:07:55: Alle Namen haben wir geändert.
00:07:58: Ein Morgen im Juni, Zwei-Tausend-Elf.
00:08:00: Über den Startbahn des Münchner Flughafens zieht der Morgendunst in den Himmel.
00:08:05: In einem der Flugzeuge sitzt ein Mann und wartet angespannt darauf, dass es abhebt.
00:08:10: Sein Name ist Alois, seventy-fünf Jahre alt, pensionierter Ingenieur.
00:08:14: Er ist ordentlich pragmatisch und hat den ruhigen Blick eines Menschen, der ein beständiges Leben führt.
00:08:20: Seine momentane Nervosität hat auch nichts mit Flugangst zu tun.
00:08:25: Die hat einen anderen Grund, denn heute steht für ihn etwas ganz Besonderes an.
00:08:30: Ein erstes Date und das nach sehr langer Zeit.
00:08:33: Eigentlich hat Alois immer gedacht, dass das Thema Liebe für ihn abgeschlossen sei.
00:08:38: In seinem Alter würde wohl nichts Neues mehr passieren.
00:08:41: Das änderte sich, als seine Tochter Magdalena aus erster Ehe zu ihm meinte, er habe doch alles.
00:08:47: Eine gute Rente und eine schöne Wohnung in München.
00:08:49: Was ihm fehle, sei die richtige Frau an seiner Seite.
00:08:52: Und mithilfe dieses Fazits zu seinem Leben, konnte sie ihn überreden, ein Profil auf einem Dating-Portal anzulegen.
00:09:00: Der seventy-fünfjährige zögerte nicht lange und schon bald gab es tatsächlich ein erstes Match.
00:09:05: Und zwar mit Zebille.
00:09:07: Das Schreiben mit ihr fühlte sich von Anfang an besonders an.
00:09:10: Zwischen ihnen schien sofort eine außergewöhnliche Chemie zu entstehen.
00:09:14: Aber Nachrichten und Chats sind eben nur das eine.
00:09:17: Nun steht Alois vor der Frage, wie es sein wird, wenn sie sich zum ersten Mal im Echten geben begegnen.
00:09:22: Wird sie ihn attraktiv finden?
00:09:24: Ist er überhaupt bereit für einen Neuanfang?
00:09:27: Der seventy-Jährige sitzt mit gemischten Gefühlen im Flieger, möglicherweise auf dem Weg zum Happy End seines Lebens.
00:09:35: Zur ungefähr selben Zeit, rund fünfhundert Kilometer nördlich, steht sie Bille in ihrer Berliner Wohnung und macht sich fertig.
00:09:41: Sie ist siebenundsechzig Jahre alt, schlank, blond und bedacht auf ihr Aussehen.
00:09:45: Dunkler Liedschatten lässt ihre großen hellen Augen noch strahlender erscheinen, oft lässt sie ihre Lippen durch ein dunkles Rot voller wirken.
00:09:53: Auch sie ist nervös, obwohl sie sie Bille mit dem Dating eigentlich auskennt.
00:09:58: Lange bevor es Apps gab, führte sie selbst eine Partner-Vermittlungsagentur.
00:10:03: Trotzdem fühlt sich das Kribbeln heute ungewohnt und aufregend an, als würde sie wieder auf Anfang stehen.
00:10:09: Wann hat sich zuletzt jemand so weit auf den Weg gemacht?
00:10:12: nur irrtwegen?
00:10:13: Könnte Alois dieser zurückhaltende liebevolle Ingenieur aus München, der Mann sein, mit dem sie endlich glücklich wird?
00:10:20: Als Alois der Bille schließlich gegenübersteht, ist er sofort hingerissen.
00:10:25: Und auch Sebille ist angetan.
00:10:27: Fitt auf recht volles graues Haar, gepflegter sechs Tagebad.
00:10:31: Ein Mann, der trotz seines Alters im Leben zu stehen scheint und Ausstrahlung hat.
00:10:35: Die Chemie stimmt.
00:10:37: Sie reden, als würden sie sich schon ewig kennen.
00:10:39: Gehen spazieren, trinken Kaffee, teilen kleine Anekdoten aus dem Leben.
00:10:43: Sebille ist lebendig, offen, quirlig, füllt jede Lücke im Gespräch mit Humor und Scham.
00:10:49: Wenn Sebille mit ihrem Enthusiasmus Geschichten erzählt, dann kommt von Aloys oft ein verlegendes Lächeln oder ein zustimmendes Nicken.
00:10:56: Aloys ist kein Mann der großen Gesten.
00:10:59: Nach und nach taucht auch er auf.
00:11:01: Die Schüchternheit weicht einer Neugier auf das Neue, das vielleicht noch kommen könnte.
00:11:06: Auch wenn die beiden von außen sehr unterschiedlich wirken, teilen sie auch einige Gemeinsamkeiten.
00:11:11: So haben sie beide Töchter aus früheren Ehen.
00:11:13: Sebille sogar zwei.
00:11:15: Vor allem zu ihrer jüngsten Tochter Marie hat sie ein besonderes Verhältnis, sowie auch Aloys zu seiner Tochter Magdalena.
00:11:21: Und was vielleicht am meisten verbindet, beide wollen ihren Lebensabend nicht alleine verbringen.
00:11:27: Und so ist nach dem ersten Date schnell klar, es wird nicht dabei bleiben.
00:11:31: Sie möchten sich beide wiedersehen, denn sie haben das Gefühl, hier raus könnte wirklich etwas Besonderes entstehen.
00:11:38: Was sie nicht ahnen, Dieses Treffen, das so leicht und unbeschwert beginnt, wird sie auf einen gemeinsamen Weg führen, der am Anfang wie ein zweiter Frühling wirkt und Jahre später im Gerichtssaal endet.
00:12:03: Zwei Menschen, die so lange allein waren, lassen sich als Überkopf auf diesen neuen Abschnitt ein.
00:12:09: Und vielleicht gerade deswegen wird das Pendeln zwischen Berlin und München relativ schnell zur nervigen Last.
00:12:15: Knapp neun Monate nach dem Kennenlernen wagen sie daher auch schon den nächsten Schritt.
00:12:19: Ein Probe wohnen in Alois Münchner Wohnung.
00:12:22: Für Sebille ein Einschnitt.
00:12:24: Sie lässt ihr vertrautes Umfeld ihre Berliner Wohnung und ein Stück ihrer Unabhängigkeit zurück, um mit Alois einen Neuanfang zu wagen.
00:12:31: Was sie aber am meisten belastet, ist die weite Entfernung zu Tochter Marie.
00:12:36: Marie ist bereits vor einiger Zeit von Berlin nach Bremen gezogen, was die persönlichen Treffen von Mutter und Tochter bereits erschwert hatte.
00:12:43: Der Umzug von Sibylle nach München verlängert die Strecke nun zusätzlich um hunderte Kilometer.
00:12:48: Dabei bräuchte Marie ihre Mutter jetzt umso mehr.
00:12:51: Denn die einundzwanzigjährige befindet sich gerade in einer schwierigen Lebensphase, ringt mit psychischen Belastungen.
00:12:58: Das ursprünglich engefasst symbiotische Verhältnis der beiden bekommt Risse.
00:13:03: Statt ungetrübter Niehe prägen nun Missverständnisse Streit und enttäuschte Erwartungen das Miteinander.
00:13:09: Dabei bleibt sie Bille bemüht, möglichst oft mit Marie in Kontakt zu bleiben und ihr Unterstützung zu bieten.
00:13:15: Doch die Distanz wird zum Problem.
00:13:17: Zumal Marie noch immer nicht richtig warm mit dem neuen Partner ihrer Mutter geworden ist.
00:13:21: Gegenüber Aloys bleibt sie skeptisch und kann sich mit der Patchwork-Situation nicht richtig anfreunden.
00:13:28: Aber sie Bille hört auf ihr Herz und gibt ihrer neuen Heimat eine echte Chance.
00:13:32: Die ersten gemeinsamen Monate sind für die beiden Rentner innen aufregend und lebendig.
00:13:37: Die achtensechzigjährige Sibylle reist den siebzigjährigen Alois aus seiner gewohnten Routine wirbelt wie ein frischer Wind durch seine geordneten Tage.
00:13:45: Sie bringt neue Ideen mit spontaner Ausflüge, Museumspesuche, gemeinsames Kochen.
00:13:51: Alois lässt sich anstecken und entdeckt wieder Freude am Teilen, am Ausprobieren, an kleinen Abenteuern.
00:13:57: Im Alltag ist es oft die Bille, die für Bewegungen sorgt und ihm Mut macht, neue Seitenansicht zuzulassen.
00:14:03: Er, im Gegenzug, gibt ihr Halt, mit einem offenen Ohr für alles, was sie bewegt, aber auch mit handwerklichem Geschick und finanzieller Unterstützung.
00:14:12: Auch im Schlafzimmer finden Aloys und die Bille zueinander.
00:14:15: Sie werden nach Jahren des Alleinseins wieder sexuell aktiv.
00:14:18: Zeitlichkeit und körperliche Nähe werden für beide ein wichtiger Bestandteil ihrer Beziehung.
00:14:23: Nach drei Monaten Probewohnen beschließen sie endgültig zusammenzuziehen.
00:14:27: Und ein gutes halbes Jahr später, am dreißigsten April, Zwei-Tinzehn, krönen sie ihre Beziehung mit dem Jahrwort.
00:14:33: Im Kreis der Menschen, die ihnen wichtig sind, feiern sie ihre Hochzeit.
00:14:37: Auch Sybille ist.
00:14:37: Töchter Katharina und Marie sind dabei.
00:14:40: Sybille ist überglücklich für sie ein Zeichen, dass auch ihre jüngere Tochter, Neue Beziehungen mittlerweile zumindest akzeptiert.
00:14:48: Wir hatten das ja schon auch in anderen Fällen, ne?
00:14:51: Dass ältere Menschen, also ich würde jetzt mal sagen, über siebzigjährige online dann nach einer neuen Liebe gesucht haben oder so, ne?
00:14:59: Und es sind dann aber ja immer andere Plattformen, als jetzt Leute in unserem Alter benutzen, ne?
00:15:04: Ja?
00:15:05: Also ich hab das Gefühl, dass es dann eher so Plattformen sind wie Elitepartner oder Paarcheb oder sowas und jetzt nicht unbedingt Bumble oder Tinder.
00:15:15: Ich hab solche Apps noch nie benutzt.
00:15:17: Aber für mich, ich hab gleich das Gefühl, wenn man sich bei so was die Elitepartner oder so was anmeldet und auch noch Geld dafür bezahlt, dass man gleich weiß, okay, die andere Person ist auch wahrscheinlich auf der Suche jetzt nach einer festen Beziehung und meint das auch wirklich ernst, diese Suche nach einer neuen Verbindung.
00:15:38: Im Gegensatz jetzt zu Apps.
00:15:41: Das weiß ich gar nicht.
00:15:41: Also unsere gemeinsame Freundin hat ja gerade geheiratet und die hat ihren Mann ja auch auf Tinder kennengelernt.
00:15:47: Also ich glaube nicht, dass man generell sagen kann, bei der einen Plattform ist das so und bei der anderen so, aber ich habe da jetzt auch keinen Erfahrungswert.
00:15:55: Und kann man bei den Apps nicht auch ein Hoesalter einstellen?
00:15:58: Weil ich glaube, dass die Apps doch auch älteren nutzen, oder?
00:16:02: Ja, also ich würde mir sicher, dass man das da auch höher einstellen kann, weil das wäre ja voll die Diskriminierung, ne?
00:16:09: Wenn du dich da anmelst und dann so ein Profil hast und dann muss man ja angehen, ja, aufersteht man so und dann ist das so ab fünfzig geht es dann nicht mehr weiter mit dem Regler.
00:16:20: Ich finde es auf jeden Fall mutig, dass er fürs erste Treffen sich dann gleich in den Flieger setzt und so, ne?
00:16:26: Ja.
00:16:26: Finde ich schon irgendwie süß.
00:16:27: Es ist halt auch romantisch.
00:16:29: Ich finde es auch total romantisch.
00:16:31: Und auch, dass direkt so ein Nägel mit Köpfen gemacht wird, ja?
00:16:34: Also auch schnell.
00:16:35: jetzt dann das Probe wohnen, finde ich auch super, dass das so gelabelt wird.
00:16:39: Probe wohnen und dann auch noch die Hochzeit.
00:16:42: Ich glaube, ich habe das ja auch mal im Podcast erzählt, dass bei meiner Oma dann ja auch bei der zweiten Ehe, dass dann auch alles relativ schnell ging.
00:16:48: Ja, wenn man nicht mehr so viel Zeit hat oder... denkt man hat nicht mehr so viel Zeit, da muss man die Gelegenheit auch am Shop verpacken.
00:16:55: Okay, nach der Hochzeit pendelt sich das Leben für Sibylle und Aloys dann natürlich auch richtig ein, aber damit kommt natürlich auch irgendwann ein Alltag, in dem die Routinen wieder fester werden und die frühen Höhenflüge nach und nach einem gewohnten Trott weichen.
00:17:11: Nach drei Jahren schleichen sich schließlich auch erste Spannungen in die Ehe.
00:17:15: Anfangs sind es eher kleinere Reibereien, kaum greifbar, aber dann noch spürbar.
00:17:19: Alois hält an seinen klaren Strukturen und gewohnten Abläufen fest und Zibylle sucht weiter nach Spontanität und neuem Sprung.
00:17:26: Zwar gibt es weiter schöne Momente, gemeinsame Ausflüge oder Familienfeste, doch immer häufiger entstehen Missverständnisse.
00:17:33: Besonders das Geld wird zum wachsenden Reizthema.
00:17:36: Zibylle, mit weniger finanzieller Sicherheit im Rücken, wünscht sich manchmal größere Anschaffung für den Haushalt oder sich selbst.
00:17:44: Alois dagegen haushaltet zunehmend mit Bedacht.
00:17:46: Wenn sie anfangs noch alle Ausgaben geteilt hatten, übernimmt Aloys über die Jahre immer mehr.
00:17:52: Für ihn ist Sybille's Art zu Wirtschaften oft unvernünftig.
00:17:55: Für sie wiederum wirkt seine Sparsamkeit kontrollierend, ja sogar geizig und letztlich auch verletzend.
00:18:01: Hat ihr ihr früher öfter Geschenke gemacht, werden die immer seltener.
00:18:06: Sybille kämpft zudem auch immer mehr mit ihrem Selbstvertrauen, vor allem mit ihrer Figur.
00:18:11: war sie doch immer so stolz, noch mit fast siebzig Schlank und Rang zu sein.
00:18:15: Mittlerweile hat sie etwas zugenommen, was weniger Alois aber umso mehr sie selbst stört.
00:18:20: Sie probiert die Eht um die Eht, bleibt unzufrieden und bricht die Vorhaben wieder ab.
00:18:25: Mehr und mehr zieht sie sich in die Welt ihres Handys zurück, während Alois allein liest oder fernseht.
00:18:31: Gemeinsame Mahlzeiten werden selten, jeder sorgt für sich.
00:18:34: Sie schlafen zwar noch im selben Bett, doch echte Nähe ist kaum noch da.
00:18:38: Nach außen wirkt Alois und Zebille das Alltag bald fast wie das Behebige nebeneinander eines alten Ehepaars, das sich im Laufe vieler Jahrzehnte auseinander gelebt hat, aber aus Gewohnheit oder Angst vor dem Alleinsein weiter zusammenbleibt.
00:18:51: Doch tatsächlich herrscht zwischen Alois und Zebille frostige Distanz, Stelle, Misstrauen und unter der Oberfläche ein Geflecht aus Kränkungen, das täglich dichter wird.
00:19:01: Im Jahr two-tausendachzehn ereignet sich dann etwas, dass Alois deutlich macht, dass nichts von Dauer ist und er sein Leben selbst in die Hand nehmen muss.
00:19:09: An einem Abend im Mai wird aus der stillen Routine des älteren Ehepaars nämlich plötzlich ein Notfall.
00:19:15: Einer der seltenen Momente, in denen Alois und sie Bille gemeinsam vor dem Fernsehsitzen endet abrupt, als es dem mittlerweile zwei-undachtzigjährigen schlagartig schlecht geht.
00:19:25: Übelkeit und ein starker Wirgereiz treiben ihn ins Badezimmer.
00:19:28: Zum Schwindel gesellen sich Bauchkrämpfe und kalter Schweiß, der ihm über das Gesicht rinnt.
00:19:33: Als Aloys merkt, dass er kaum noch sprechen kann, weiß er, es ist ernst.
00:19:37: Noch in derselben Nacht wird er mit Verdacht auf Schlaganfall ins Krankenhaus eingeliefert.
00:19:42: Auf der Strokeunit erhält er infusionen, wird überwacht und untersucht.
00:19:46: Am nächsten Morgen bessert sich sein Zustand etwas, doch Aloys muss eine ganze Woche zur Beobachtung bleiben.
00:19:52: genug Zeit, um zu begreifen, wie knapp er dem Tod entkommen ist.
00:19:56: Für Alois haben sich die Ereignisse jener Nachttief ins Gedächtnis eingeprägt.
00:20:00: Das Bewusstsein, dass alles in einem Augenblick hätte enden können, bleibt wie ein schwerer Schatten zurück und zugleich fungiert es wie ein Wegruf.
00:20:09: Für Alois steht fest, alles, was ihm nicht gut tut, will er konsequent aus seinem Leben verbannen und dafür macht er sich jetzt auf den Weg.
00:20:18: Es ist Freitag, der erste Juni, auf einem Polizeirevier im Norden von Deutschland.
00:20:23: Vor den Beamtinnen steht eine Person, die sichtlich angespannt wirkt.
00:20:27: Sie möchte eine Aussage machen.
00:20:29: Eine Aussage, deren Inhalt so ungeheuerlich ist, dass sie nicht für andere Ohren bestimmt ist.
00:20:34: Doch als die Polizistinnen hören, was die Person vor ihnen einer anderen vorwirft, reagieren sie zunächst skeptisch.
00:20:41: Denn es ist eher ungewöhnlich, wenn man die enge Beziehung der beiden Personen bedenkt.
00:20:46: Und das könnte darauf schließen lassen, dass die Person vor ihnen einem anderen Menschen absichtlich schaden will.
00:20:53: Sollte an der Geschichte aber etwas Wahres dran sein, könnte gerade in dieser Moment jemand in Lebensgefahr schweben.
00:20:59: Die Beamtinnen entschließen sich dazu, die Aussage ernst zu nehmen und kontaktieren ihre Kollegschaft in Süddeutschland.
00:21:05: Kurz darauf fährt ein Streifenwagen nach Neuperlach, einem unscheinbaren Münchner Stadtviertel.
00:21:11: Mit einem Durchsuchungsbeschluss im Gepäck betreten Ermittlende ein mehr Parteienhaus.
00:21:15: Kurz darauf muss das ältere Ehepaar mit dem Namen König in der Wohnung hilflos mit anschauen, wie sich ihr Zuhause in wenigen Minuten in ein Ort akribischer Polizeiarbeit verwandelt.
00:21:27: Am Ende des Einsatzes verlässt er nicht nur ein koffervoller Beweismaterial des Haus, sondern auch eine verdächtige Person.
00:21:34: Denn der Verdacht steht im Raum, dass ein Eheversprechen das eines Schutz und Vertrauen bedeutete, in diesen vier Wänden in seinen genauen Gegensatz verkehrt worden ist.
00:21:44: Im März, im März, im März, im März, im März, im März, im März, im März, im März, im März, im März, Einheit mit gefährlicher Körperverletzung.
00:22:16: Sibylle König, so trägt es der Staatsanwalt vor, soll am Abend des siebten Mai, zwei Tausend Achtzehn versucht haben, ihren Mann zu vergiften.
00:22:24: Ihren Ehemann Aloys, der heute nur wenige Meter entfernt von ihr Platz genommen hat.
00:22:28: Der Zweihn-Achzig-Jährige wirkt abgekämpft, als hätten ihn die vergangenen Monate sichtbar gezeichnet.
00:22:34: Und nun muss er sich noch einmal anhören, was für ihn unvorstellbar bleibt.
00:22:39: Dass die Frau, die er vor fast neun Jahren mit offenem Herzen und offenen Armen sein Leben ließ, ihn totsehen wollte.
00:22:46: Aber er ist angetreten, um durchzuhalten.
00:22:49: Als Nebenkläger will er erleben, wie Gerechtigkeit gesprochen wird, wie seine Frau einen Urteil erhält, das ihrer Tat angemessen ist.
00:22:56: Doch dieser Wunsch gerät direkt in Zwanken, denn gleich zu Beginn der Verhandlung macht sie Bille deutlich, dass sie nicht versteht, weshalb sie auf der Anklagebank sitzt.
00:23:04: Sie weist jede Schuld von sich und überlässt ihrer Verteidigerin das Wort.
00:23:08: Es gebe keinerlei Beweise für eine Vergiftung, erklärt die Juristen.
00:23:12: Weder Blut noch Gewebeproben, kein Laborwert, der einen Giftstoff bei Arlois nachweisen könnte.
00:23:17: Genau deshalb, so die Verteidigerin selbst bewusst, können es am Ende dieses Prozesses auch nur ein einziges Urteil geben.
00:23:24: Einen Freispruch.
00:23:26: Doch auf ein solches Ergebnis will die Staatsanwaltschaft nicht zusteuern.
00:23:30: Für sie ist Cebelle eine eiskalte berechnende Frau, die es auf das Vermögen ihres Mannes abgesehen hatte.
00:23:37: Um diesen Vorwurf zu untermauern, werden in den kommenden Verhandlungstagen zahlreiche Zeuginnen geladen.
00:23:42: Sie zeichnen das Bild einer Biografie voller Brüche, Abgründe und möglicher Motive.
00:23:48: Schritt für Schritt entsteht im Gerichtsal dadurch ein Mosaik aus der Billes-Leben und mit jedem neuen Stein wird die Frage dringlicher, wer diese Frau wirklich ist.
00:23:57: Die Billes-Leben beginnt in den Wirren der Nachkriegszeit und schon früh ist zu Hause für sie ein unsicherer Begriff.
00:24:04: Als Kind wächst sie in einer Pflegefamilie auf, ohne wirklich zu verstehen, welche Rolle die Erwachsenen um sie herum spielen.
00:24:11: Denn die Frau, die sie ihr Leben lang als ihre Tante kannte, stellt sich nach zehn Jahren plötzlich als ihre Mutter vor.
00:24:18: Ein Satz, der der kleinen Sibylle den Boden unter den Füßen wegzieht.
00:24:21: Das Wenige, das sie bis dahin über sich und ihre Herkunft wusste, zerbricht innerhalb eines Augenblicks.
00:24:26: Warum hat ihre Mutter sie so lange verleugnet und warum gerade jetzt dieses Geständnis?
00:24:32: Das Gefühl, nicht gewollt zu sein, begleitet Sibylle wie ein Schatten durch ihre Kindheit.
00:24:37: Besonders in der Jugend, wenn der Wunsch nach Zugehörigkeit und Klarheit am stärksten ist, bleibt in ihr eine Lehrstelle.
00:24:43: Mit zwanzig glaubt sie erstmals Halt gefunden zu haben.
00:24:46: Sie heiratet und kurz darauf kommt ihre Tochter Katharina zur Welt.
00:24:51: Doch sechs Jahre später scheitert die Ehe.
00:24:53: Sebele bleibt aber nicht lange alleine.
00:24:55: Ein Jahr später heiratet sie erneut.
00:24:58: Diesmal hält es länger und ihr neuer Ehemann übernimmt die Vaterrolle für Katharina.
00:25:02: Adoptiert sie sogar.
00:25:04: Doch nach zehn Jahren geht auch diese Beziehung in die Brüche.
00:25:07: Und was danach geschieht, trifft Sibylle besonders hart.
00:25:10: Katharina entscheidet sich nämlich nicht bei ihr, sondern bei ihrem Ex zu bleiben.
00:25:15: Eine Mann, der nicht ihr leiblicher Vater ist.
00:25:19: Dass ihr eigenes Kind sich gegen sie entscheidet, lässt vermuten, wie schwer es Sibylle fällt, Wärme und Verlässlichkeit weiterzugeben.
00:25:26: Liebe und Stabilität zu finden, gelingt Sibylle auch in den nächsten Jahren nicht.
00:25:30: Zumindest nicht für sich selbst.
00:25:32: Doch sie versucht es für andere.
00:25:34: Mit Mitte dreißig macht sich Sebille mit einer Partnervermittlungsagentur selbstständig.
00:25:38: Aus einem kleinen, angemieteten Büroraum heraus will sie Menschen zusammenbringen, die die große Liebe suchen.
00:25:44: Doch das Geschäft läuft schleppend.
00:25:46: Was als mutiger Neuanfang beginnt, endet im finanziellen Desaster.
00:25:50: Nicht nur für sie, sondern auch für ihre mittlerweile sechzehnjährige Tochter Katharina.
00:25:55: Denn ohne ihr Wissen hat Sebille das Gewerbe auf Katharinas Namen angemeldet.
00:26:00: Und so ist sie wieder dafür verantwortlich, dass ihre Tochter noch vor ihrem achtzehnten Lebensjahr vor einem Schuldenberg von hundertachtzigtausend D-Mark steht.
00:26:09: Das ist ja eine reizende Mutter-Tochter-Beziehung.
00:26:12: Das finde ich toll, dass die Mutter da gleich schon dafür sorgen möchte, quasi mit besonderen Erziehungsmaßnahmen, dass die Tochter direkt nach dem achtzehnten Lebensjahr sofort lernt, wie das Arbeitsleben zu laufen hat, damit sie diesen riesigen Schuldenberg dann vielleicht im Zweifel irgendwann mal abbezahlen kann, falls die Mutter das nicht schaffen sollte.
00:26:31: Ja, und wir haben uns ja auch gewundert, wie das überhaupt möglich ist, ne?
00:26:34: Weil ... Man kann schon ein Gewerbe auf eine minderjährige Person anmelden, aber nicht ohne deren Wissen.
00:26:43: Deswegen ist es wahrscheinlich, dass das nicht so ganz mit rechten Dingen zugegangen ist, wie sie Bille davor gegangen ist.
00:26:51: Also wir sehen, sie Bille setzt die Existenz ihrer Tochter relativ rücksichtslos aufs Spiel, eventuell aus Rache, weil Katharina sich entschieden hat, nicht bei ihr aufzuwachsen oder weil sie Bille sich selbst am nächsten ist.
00:27:04: Wer die Aussagen der Menschen hört, die nach und nach in den Münchner Gericht sei mit der Nummer hundertvierunddreißig treten, gewinnt den Eindruck eher letzteres.
00:27:13: Immer wieder fällt das Wort egoistisch, wenn Angehörige und Freundinnen von ihr berichten.
00:27:18: Tatsächlich gelingt das Sibylenie ihre finanzielle Lage dauerhaft zu stabilisieren.
00:27:23: Kein Job hält lange.
00:27:24: Am Monatsende sind die Kassen leer und die Sorgen groß.
00:27:27: Regelmäßig bittet sie dann Freundinnen oder ihre Bekanntschaften um Hilfe.
00:27:31: Mal um einige hundert Euro, mal um kleinere Geschenke oder das Begleichen auf einer Rechnung.
00:27:36: Wer ihr nahesteht, müsse damit rechnen, irgendwann als Notlösung für ihre Engpässe herhalten zu müssen, heißt es in den Aussagen der Zeuginnen.
00:27:45: Das finde ich ja generell ein schwieriges Thema.
00:27:47: Und voll.
00:27:49: Hat ich heute noch mit hier Geld verwalten von einem Narrenfamilienmitglied.
00:27:56: Unangenehm.
00:27:57: Also auch, also es ist ja nicht mehr, dass ich jetzt jemandem was leihe, sondern ich verwalte gerade Geld für jemand anderen.
00:28:02: Und schon das mag ich
00:28:03: nicht.
00:28:04: Ich finde,
00:28:04: ich finde, alles was Geld angeht mit Freunden oder Familie.
00:28:09: würde ich am liebsten großen Bogen drum machen.
00:28:11: Ja, also es ist so, ich habe schon mal sehr gerne Geld verliehen und ich habe aber auch schon mal ungern Geld verliehen.
00:28:17: Hast du denn immer dein Geld, das du verliehen hast, auch wieder bekommen?
00:28:20: Ja, habe ich.
00:28:21: Hast du das mit Zinsen wieder in der Spaß?
00:28:25: Verliehener nimmt Wucherzinsen auf ihre Leihgaben.
00:28:28: Das Ding ist, ich möchte halt generell, wenn ich Sachen verleihe, nicht hinterherrennen, weißt du?
00:28:32: Ja.
00:28:33: In
00:28:35: den letzten Jahren, in den letzten Jahren, in den letzten Jahren, in den letzten Jahren, in den letzten Jahren, in den letzten Jahren, in den letzten Jahren, in den letzten Jahren, in den letzten Jahren, in den letzten Jahren, in den letzten Jahren, in den letzten Jahren, in den letzten Jahren, in den letzten Jahren, in den letzten Jahren, in den letzten Jahren, in den letzten Jahren, dann auch geprägt von starker Nähe.
00:29:05: Siebille und Marie leben fast wie in einer Symbiose.
00:29:08: Die Bindung ist eng und Marie bleibt auch nach der Trennung bei ihr.
00:29:12: Doch mit den Jahren schleichen sich immer mehr Konflikte ein.
00:29:15: Hier zeigt sich einmal mehr, dass sie Bille es nicht mal bei ihren Kindern schafft, sie langfristig in ihrem Leben zu halten.
00:29:22: Als sie in den vierten Ehemann Aloys kennenlernt, ist die Bille Situation erneut von Einsamkeit und Unsicherheit geprägt.
00:29:29: Sie lebt allein, weil Marie mittlerweile zum Studieren weggezogen ist, hat Schulden und versucht Monat für Monat mit einer Rente von etwas über siebenhundert Euro über die Runden zu kommen.
00:29:39: Alois mit seiner eigenen Wohnung in München, einer ordentlichen Rente von rund zweitausendfünfhundert Euro und weiteren Vermögen, ist für sie Bille von Anfang an nicht nur ein potenzieller Partner, sondern auch die Hoffnung auf einen sicheren Lebensabend.
00:29:52: Das Kennenlernen ist für sie eine Chance auf Zuwendung, Geborgenheit, aber auch auf einen Weg aus der finanziellen Sackgasse.
00:30:00: Und zur Bille ist Wünsche gehen in Erfüllung.
00:30:02: Aloys ist sehr großzügig, übernimmt nicht nur ihre Zweiundzwanzigtausend Euro Schulden, sondern organisiert ihr auch eine Stelle als Rezeptionistin in der Physiotherapiepraxis von Aloys Tochter Magdalena.
00:30:13: Als ich die Bille aber schließlich auch mit ihr streitet und dem Job deshalb nicht mehr nachgehen kann, zahlte ihr monatlich sechshundertfünfzig Euro zum Ausgeben.
00:30:22: Das geht alles gut, bis auch diese Ehe ab zwei Tausend Fünfzehn und damit vier Jahre nach dem ersten Kennenlernen langsam zu Kriseln beginnt.
00:30:32: In dieser Zeit beobachtet Aloysse Bille immer häufiger dabei, wie sie tief ins Glas schaut.
00:30:37: Früher hatten sie vor allem aus Geselligkeit und zu schönen Anlässen getrunken, doch jetzt wird das für sie Bille zum Hobby.
00:30:43: So auch an einem Abend im Herbst, im Jahr Jahrzehnte, etwas mehr als fünf Jahre nach dem ersten aufregenden Kennenlernen in Berlin.
00:30:50: Alois kommt ins Wohnzimmer, nachdem er die Finanzen sortiert hat, da macht sie Bill immer wieder einen Vorschlag für eine neue Anschaffung.
00:30:57: Ein neues Sofa soll her.
00:30:59: Für Alois ein Wunderpunkt.
00:31:01: Immer gehe es nur ums Geld, murmelt er genervt und winkt ab.
00:31:04: Sie Bille wird wütend, sie will auch nur das gemeinsame Zuhause schöner machen.
00:31:08: und Alois kommt direkt mit einem Vorwurf.
00:31:11: Sie fühlt sich kontrolliert und in ihrer Freiheit beschnitten.
00:31:14: Was früher ein Ort der Sicherheit war, empfindet sie jetzt wie ein Käfig.
00:31:18: Kurz darauf fällt zum ersten Mal das Wort Scheidung.
00:31:22: Alois spricht es offen aus.
00:31:23: Erglauben ist sei für sie beide besser, wenn sie ausziehe.
00:31:27: Siebille ist geschockt.
00:31:29: Entschieden, fast trotz sich, lehnt sie ab.
00:31:31: Sie habe für ihn ihre Wohnung und ihr Leben in Berlin aufgegeben und jetzt will er sie einfach los werden?
00:31:37: Für sie ist die Wohnung ihr letzter Halt, etwas, das sich nach zu Hause anfühlt.
00:31:41: Ein Ort, den sie nicht so einfach aufgeben kann.
00:31:44: In den Monaten nach dem eskalierten Streit verhärten sich die Fronten weiter.
00:31:48: Es ist kein plötzlicher Bruch, aber es ist ein schleichendes, spürbares Auseinanderdriften.
00:31:53: Aber als Sibylle auch mehr als ein Jahr später nicht ausgezogen ist, entschließt sich Alois letztendlich dazu, die finanzielle Unterstützung für Sibylle zu kürzen.
00:32:02: Statt ihr wie bisher monatlich sechshundertfünfzig Euro zu überweisen, sind es ab zwei tausend achtzehn nur noch fünfhundert Euro.
00:32:09: Ein kritischer Zeitpunkt in Sibylles Leben und der Zeitpunkt, an dem sie sich an eine Rechtsanwältin wendet.
00:32:15: Die E-Mail-Korrespondenz zwischen Sibylle und der Juristin ist nun, drei Jahre später, im Gerichtssaal Teil der Beweiswürdigung.
00:32:22: Für alle Anwesenden werden die E-Mails laut vorgelesen, die von einer Frau erzählen, die sich im Herbst-Zweißen-Sechzehn juristischen Rat sucht.
00:32:31: Sibylle will die Einleitung des Trennungsjahres verhindern und fragt, auf was sie sich einstellen müsse, falls es tatsächlich zur Scheidung käme.
00:32:38: Die Anwältin erklärt Sibille, dass ein Unterhalt nach der Scheidung aufgrund der nur fünfjährigen Ehedauer befristet werden könne.
00:32:45: Tausend Euro hätte Sibille aber gerne monatlich, und zwar unbefristet, macht sie klar.
00:32:51: Die Juristin hält das für unrealistisch.
00:32:53: Sibille müsse sich auf weniger einstellen.
00:32:57: Doch für die Zweiund Siebzig-Jährige ist das offenbar nicht tragbar, ein Zustand, den sie verhindern will.
00:33:02: Und so bleibt Sibille in der Wohnung in Neu-Perlach-Bohnen.
00:33:05: Sie weigert sich, ihren Platz zu räumen und das Trennungsjahr damit offiziell einzuleuten.
00:33:10: Doch Sibile wird irgendwann klar, dass das nicht auf Dauer gut gehen wird.
00:33:14: Eine Lösung muss her für ihr finanzielles Problem.
00:33:18: Und für die Staatsanwaltschaft beginnt Sibile's Suche danach im Sommer.
00:33:23: Um die Suche für alle Prozessbeteiligten zu veranschaulichen, wird als nächstes ein Experte für digitale Forensik in den Gerichtssaal gerufen.
00:33:31: Muskatnuss, Frostschutz, Oleander, Waldrebe und Krautvernichtungsmittel, Adrenalin, Gnamf, Mikotin und Brechnuss, wie ist der Sachverständige ruhig vor.
00:33:42: Es ist eine Notiz, die die Ermittlenden auf die Billes iPhone gefunden haben, eine Liste mit giftigen Stoffen und Pflanzen, die sie Bille am fünfzehnten Juni, zwei tausend siebzehn erstellt hat.
00:33:52: Als Überschrift hat sie My Beauty Light, vierzig Euro on the go, Lockenstab der Marke Remington genutzt.
00:33:59: Vermutlich, damit die Liste nicht direkt als solche erkennbar ist, ohne dass man die Notiz öffnet.
00:34:04: Für die Staatsanwaltschaft ist diese Liste der erste Hinweis auf den Beginn einer Planung, der Planung von Alois
00:34:10: Tod.
00:34:11: Und diese Notiz ist nicht das einzige, was der digitale Forensiker präsentieren kann.
00:34:15: Hinzu kommen Google-Suchen und Webseiten-Aufrufe, die ab Sommer, zwei Tausend, siebzehn immer häufiger auftreten.
00:34:22: Auf Sybilis Handy finden sich Suchanfragen wie Vergiftung durch chemische Dämpfe, Mordversuch an Ehemann oder tödliches Gift, nicht nachweisbar.
00:34:31: Doch in dieser Zeit interessiert sich Sybilis nicht nur für Gifte und tödliche Dosierungen, sondern auch für Themen wie Kaufpreis, Achtzig-Quadratmeter-Wohnung, Neup-Herrlach oder Wittwin-Rente.
00:34:44: Im März, zweizehnzehn, geschieht auf Sybilis Laptop dann etwas, das die Anklage als Reaktion auf Aloys geändertes Testament wertet.
00:34:52: Dieser hatte nämlich im Jahr davor die Vermögensverteilung für den Fall seines Todes neu geregelt.
00:34:57: Von da an sollte allein seine Tochter Magdalena erben, während Sibylle nur der Pflichtteil geblieben wäre.
00:35:04: Ein Umstand, den Sibylle offenbar nicht akzeptieren wollte und aktiv veränderte.
00:35:09: Als Arlois im März, zu einem Ski-Urlaub aufbricht, tritt ihre Planung laut Staatsanwaltschaft in die zweite Phase.
00:35:17: Am neunzehnten März wird ein Blanko-Formular für eine Vollmacht heruntergeladen, indem sie Bille als Bevollmächtigte von Alois auch über dessen Tod hinaus eingetragen ist.
00:35:27: Ergänzt wird der Passus, dass alle bisherigen Vollmachten damit ihre Gültigkeit verlieren.
00:35:32: Das Dokument trägt das Datum erster Oktober, zehnt siebzehn, und Alois unterschrift.
00:35:38: Dass die Schrift mit einer Wahrscheinlichkeit von neunzig Prozent nicht von Alois stammt, geht aus dem Gutachten eines Schriftsachverständigen hervor, das im Anschluss verlesen wird.
00:35:48: Alois, der das Ganze von seinem Platz aus unglaublich verfolgt, weiß natürlich, dass es nicht seine eigene Unterschrift ist.
00:35:55: Warum sollte er auch sein Testament ändern und ein paar Wochen später so eine Vollmacht ausstellen, die seinem letzten Willen völlig entgegensteht?
00:36:02: Für den Zweiundachtzigjährigen ist die Beweisaufnahme nur schwer zu ertragen.
00:36:07: Die Tatsache, dass sich seine Ehefrau schon Mitte, und damit nicht einmal ein Jahr, nachdem zum ersten Mal das Wort Scheidung gefallen ist, Gedanken darüber gemacht hat, wie sie ihn töten könnte, um an sein Geld zu kommen, gleich einem unfassbaren Verrat.
00:36:22: Doch bei den Gedanken allein bleibt es damals nicht.
00:36:25: Ein Eintrag auf ihrer Giftliste landet schließlich in Sebilis Warenkorb.
00:36:29: Während Alois im März, im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März im März.
00:36:40: Frostschutzmittel bei Amazon für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €, für €.
00:37:10: Vorstellungen kaum durchsetzbar sein.
00:37:12: Alois müsste dafür die Hälfte seiner Rente abgeben und für eine Vorschusszahlung gebe es keinerlei rechtliche Grundlage.
00:37:19: Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass dies der Moment war, in dem sie billig begriff, wenn nicht einmal ihrer Anwältin ihr Hoffnung auf den für sie unverzichtbaren Mindestbetrag machen konnte, musste sie sich anders zu helfen wissen.
00:37:32: Sie muss geahnt haben, dass die Zweckgemeinschaft kurz vor dem Ende stand und zog es vor, dieses Ende selbst in die Hand zu nehmen.
00:37:38: Eine Erkenntnis, die Alois beinahe das Leben gekostet hätte.
00:37:42: Zumindest nach Ansicht der Staatsanwaltschaft.
00:37:45: Denn für die steht fest, Zebille vergiftete Alois am siebten Mai, mit dem bei Amazon bestellten Frostschutzmittel.
00:37:53: Dies sei der Grund gewesen, weshalb Alois in jener Montag Nacht ins Krankenhaus eingeliefert wurde und nicht ein Schlaganfall, wie zunächst vermutet.
00:38:01: Doch ganz so klar, wie es die Anklage sieht, ist es nicht.
00:38:05: Das wird deutlich, als Aloys behandelnde Ärztin in den Zeugenstand tritt.
00:38:09: Sie berichtet zunächst, dass Aloys mit unleutlicher Sprache, Übelkeit, Erbrechen und Schwindel stationär aufgenommen wurde.
00:38:16: Aufgrund dieser Symptome und seines Alters sei man von einem Schlaganfall ausgegangen.
00:38:21: Hinzu kamen Schwierigkeiten mit dem rechten Bein.
00:38:23: Es wirkte gelehmt oder schlecht durchblutet.
00:38:26: Deshalb wurde Alloy sofort auf die Stroke-Unit verlegt.
00:38:29: Die anschließenden Scans bestätigten den Verdacht jedoch nicht, weil im Schlaganfall hätten MCT typische Durchblutungsstörungen sichtbar sein müssen und diese blieben aus.
00:38:39: Auf die Frage, welche Ursachen für die Symptome denn dann in Frage kämen, erklärt die Medizinerin, es könne sich um eine sogenannte transitorische, ischemische Attacke gehandelt haben.
00:38:49: Eine vorübergehende Durchblutungsstörung im Gehirn, die kurzfristig neurologische Ausfälle verursacht, die nach einiger Zeit wieder verschwinden.
00:38:58: Eine Vergiftung, wie es die Staatsanwaltschaft vermutet, sei in jener Nacht im Krankenhaus nicht in Betracht gezogen worden, so die Zeugen.
00:39:06: Deshalb seien auch keine toxikologischen Tests durchgeführt worden.
00:39:10: Auffällig sei rückblickend allerdings gewesen, dass Aloys ungewöhnlich schnell und angestrengt geatmet habe, ein typisches Anzeichen für eine Vergiftung, bei dem der Körper versucht, die Giftstoffe so rasch wie möglich abzuatmen.
00:39:23: So, und dass trotz dessen kein toxikologischer Test angeordnet wurde, sei in großer Fehler gewesen, meint Prof.
00:39:30: Fritz Prax, der lange die Abteilung forensische Toxicologie an der Charité Berlin geleitet hat.
00:39:36: Bei den Patienten wurde in der Klinik eine stark erhöhte Atemfrequenz von bis zu forty-fünf Atemzügen pro Minute festgestellt.
00:39:44: Normal sind im Ruhestand bis zu zwanzig Atemzüge pro Minute.
00:39:49: Das ist neben anderen Ursachen ein Signal für das Vorliegen einer Acidosis.
00:39:54: Das heißt für eine Übersäuerung des Blutes.
00:39:57: Das hätte durch Messung des Blutph Wertes bestätigt werden müssen und hätte zum Verdacht auf eine Vergiftung geführt.
00:40:05: Daran hätte sich eine toxikologische Analyse anschließen müssen, sowohl als Basis für eine geeignete Therapie als auch zur forensischen Absicherung.
00:40:14: Prax hat uns außerdem im Interview erzählt, dass eine Vergiftung mit Frostschutzmittel und eine transitorische ischämische Attacke ganz ähnliche Symptome auslösen.
00:40:24: Der Experte hat uns das anhand des Giftes so erklärt.
00:40:27: Wenn es dann eingenommen wird, dann sind die Symptome zunächst alkoholähnlich.
00:40:32: Und dann treten durch Schleimhautreizung im Magen-Darm-Kanal nach einer gewissen Zeit Bauchschmerzen, also Abdominalschmerzen auf, die dann auch zu Erbrechen und Krämpfen führen.
00:40:44: Und nach einer längeren Zeit, wenn die Zeit, wenn das also weiter ins Blut übergegangen ist, dann kommt es zur Schädlung, innere Organe, Leber, Niere und Atembeschwerden sind möglich.
00:40:57: Wenn es sich bei Alloys tatsächlich um eine Vergiftung mit Frostschutzmittel gehandelt hat, dann sei es so unser Experte, wahrscheinlich nur deshalb nicht zu so einer Organschädigung gekommen, weil Alloys relativ schnell relativ viel von dem Gift erbrochen hat.
00:41:11: Das Problem ist jedoch, dass kein Test durchgeführt wurde und Frostschutzmittel nur innerhalb von vierundzwanzig Stunden im Blut nachweisbar ist.
00:41:19: Um den Prozessbeteiligten eine Einschätzung zu ermöglichen, ob eine Vergiftung oder eine transitorische ischemische Attacke wahrscheinlicher für Allys-Symptome verantwortlich war, wird anschließend eine toxikologische Sachverständige gehört.
00:41:32: Sie erklärt, dass sowohl die auffällige schnelle Atmung als auch ein weiterer medizinischer Wert eher gegen eine Attacke und für eine Vergiftung sprechen.
00:41:41: Bereits untersucht worden waren nämlich die Leukozytin in Aloys Blut und diese zeigten sich erhöht.
00:41:47: Laut Gutachterin lasse sich das mit dem Abbau von Frostschutzmittel erklären, nicht aber mit einer Attacke.
00:41:53: Gegen die Annahme einer Vergiftung und für die Diagnose einer Attacke sprechen hingegen die Lehmungserscheinungen in Aloys rechtem Bein.
00:42:01: Solche Symptome seien durch eine Vergiftung nicht zu erklären.
00:42:04: Es bleibt also dabei.
00:42:06: Einen Beweis für eine Vergiftung, die am siebten Mal, zwei Tausend, achtzehn stattgefunden hat, gibt es nicht.
00:42:11: Es hätte genauso gut eine transitorische ischemische Attacke gewesen sein können.
00:42:15: Das wird auch Sibyllis
00:42:16: Verteidigerin nicht müde zu betonen.
00:42:19: Dass das Frostschutzmittel, das Sibyllis anderthalb Monate vor Alloys Krankenhaus-Eindieferungen im Internet bestellt hat, an diesem Abend in irgendeiner Art genutzt wurde, könne nicht nachgewiesen werden.
00:42:29: Auch der Staatsanwaltschaft ist bewusst, dass das Netz der Indizien dichter geknüpft werden muss, um am Ende des Prozesses einen Schutzspruch tragen zu können.
00:42:38: Und genau deshalb ziehen sie als nächstes ein Ass aus dem Ärmel.
00:42:41: Es wird die Zeugen aufgerufen, die das ganze Verfahren überhaupt erst ins Rollen gebracht hat, weil sie siebille ungewöhnlich schwer belastete.
00:42:50: Dazu verfüfft.
00:42:51: Es ist ihre Tochter Marie.
00:42:55: Als Marie als Zeugen aufgerufen wird, ist sie sichtlich angefasst.
00:42:59: Die achtundzwanzigjährige wirkt angespannt, ihre Stimme bleibt ruhig, doch im Saal ist spürbar, wie schwer ihr die folgenden Worte fallen.
00:43:08: Marie erzählt von einem Tag, der ihr Leben verändert hat.
00:43:11: Dem neunundzwanzigsten Mai, zwei tausendachzehn, knapp drei Wochen, nachdem der Mann ihrer Mutter mit Verdacht auf Schlaganfall ins Krankenhaus eingeliefert worden war.
00:43:19: An diesem Tag erscheint eine Nachricht ihrer Mutter auf Marie's Handy.
00:43:23: Sie ist ungewohnt gefühlvoll formuliert.
00:43:26: Gerade weil sie erst seit wenigen Monaten wieder Kontakt zu ihrer Mutter hat, irritiert die Botschaft.
00:43:31: Zuvor hatte Marie auf Anraten ihrer Therapeutin die Verbindung zu ihr wegen jahrelanger Strattereien für ein Jahr komplett abgebrochen.
00:43:39: Überrascht von der Nachricht, ruft sie Mutter Sebille sofort an.
00:43:41: Das Gespräch beginnt harmlos, bis ihre Mutter plötzlich sagt, sie habe versucht, Zitat, den Arleys um die Ecke zu bringen.
00:43:51: Marie ist fassungslos, bringt um eine Reaktion.
00:43:55: Ein kurzer Moment der Stille folgt.
00:43:56: Sie geht auf ihren Balkon, zündet sich eine Zigarette an und fragt schließlich leise, fast verschwörerisch.
00:44:02: Es können die Nachbarschaft mithören.
00:44:04: Wie?
00:44:05: Die Antwort trifft sie wie ein Schlag.
00:44:07: Zuerst nennt sie Biller eine chemische Formel, dann das Wort Frostschutzmittel.
00:44:12: Sie habe es Alois unter das Essen gemischt.
00:44:15: Dann hört Marie wie ihrer Mutter zu Weinen beginnt und mit brüchiger Stimme feststellt, dass sie Menschen, die sie liebe, von sich wegtreibe.
00:44:23: Marie reagiert geistesgegenwärtig.
00:44:25: Sie dringt Zibyle sofort einen Notfalltermin bei einer Psychotherapeutin wahrzunehmen und beendet anschließend das Gespräch.
00:44:32: Doch für sie selbst ist das Thema damit keineswegs erledigt.
00:44:35: Überfordert von dem Geständnis sucht sie sofort das Gespräch mit ihrer eigenen Therapeuten und vertraut sich noch am selben Tag einer engen Freundin an.
00:44:43: In einer Sprachnachricht schildert sie ihr das Unfassbare, den Mordversuch, den ihre Mutter ihr offenbart hat.
00:44:51: Diese Sprachnachricht halt nun durch den Saalhundertdreißig des Münchner Landgerichts.
00:44:56: Alle Anwesenden hören, wie gefasst Marie über das Geständnis spricht, abgeklärt, fast nüchter.
00:45:02: Deutlich wird, dass sie die Tat zwar verurteilt, aber nicht überrascht ist.
00:45:07: In der Aufnahme liefert Marie selbst eine Erklärung für ihre Ruhe.
00:45:11: Es sei wohl der Zitat lang erwartete Schlusspunkt, und sie das Verhalten ihrer Mutter längst gewöhnt.
00:45:18: Besonders verstörend wirkt im Rückblick eine WhatsApp-Nachricht, die Marie drei Tage nach Alois Krankenhauseinlieferung von ihrer Mutter erhalten hat und die nun ebenfalls im Prozess präsentiert wird.
00:45:30: Es ist eine Comiczeichnung.
00:45:32: Ein Mann liegt tot am Boden, eine Frau steht neben ihm.
00:45:35: In einer Sprechblase steht, du tot im Flur Alois, so kenne ich dich ja gar nicht.
00:45:42: Zibille hat das Bild mit den Worten kommentiert, ach ja, die Glückliche.
00:45:48: Also, ich kann das überhaupt nicht fassen.
00:45:51: Also, wie kann man selber auch nicht sehen, wie krass das ist,
00:45:55: wenn
00:45:56: man jemand versucht umzubringen und danach macht man so einen Witz in Anführungszeichen?
00:46:01: Ja, unfassbar.
00:46:03: Also, die muss ja so ein inneres Gefühl von Ungerechtigkeit haben, die da nicht die Hälfte seiner Rente kriegt.
00:46:13: Für Marie ist die Aussage vor Gericht alles andere als leicht.
00:46:16: Sie hat Schuldgefühle.
00:46:17: Schon im Jahr zuvor hatte es die große Überwindung gekostet, zur Polizei zu gehen.
00:46:22: Schließlich handelt es sich um ihre eigene Mutter.
00:46:24: Eine besondere Bindung zu Aloys hat sie zudem nicht.
00:46:28: Verpflichtungen ihm gegenüber empfindet sie keine.
00:46:30: Sympathie kaum.
00:46:32: Und so ringt Marie vor Gericht sichtbar mit ihren Emotionen, während von der Anklagebank in unregelmäßigen Abständen ein einziges Wort durch den Saal halt.
00:46:40: Unsinn.
00:46:41: Siebele schreit es heraus und unterstreicht ihre Ablehnung mit Ausladen, Namimik und G-Stick.
00:46:47: Ein offenkundiger Versuch, die Glaubwürdigkeit ihrer Tochter zu untergraben.
00:46:51: Schon aus der Untersuchungshaft heraus hatte sie Bille das versucht.
00:46:55: In einem Schreiben an die Polizei behauptete sie, Marie und Alois stecken unter einer Decke.
00:46:59: Gemeinsam wollten sie ihr einen Mordversuch anhängen, damit Alois im Falle einer Scheidung nichts an sie zahlen müsse.
00:47:06: Marie, so die Darstellung, lasse sich darauf ein, weil Alois ihr Geld geboten habe.
00:47:11: Ihre Tochter habe ständig Geldprobleme und suche Wege, ihr Studium zu finanzieren.
00:47:16: In dem Brief gingen sie Bille sogar so weit zu behaupten, Marie habe ihr Gegenüber zugegeben, Geld von Alloys angenommen zu haben.
00:47:23: Doch dabei blieb es nicht.
00:47:24: Wie eine mitgefangene nun vor Gericht aussag, suchte sie Bille in der Haft weiter nach wegen, ihre Tochter zu diskreditieren.
00:47:31: Die Zeugen, eine Kickboxerin, berichtet, sie habe sie Bille erzählt, dass ihre eigene Freilassung kurz bevorstehe.
00:47:37: Daraufhin habe sie Bille sie aufgefordert, Marie zu Hause aufzusuchen, ihr Angst einzujagen und sie so zurücknahme ihrer Anzeige zu bewegen, wenn nötig auch mit Gewalt.
00:47:47: Darüber hinaus habe sie Bille vorgeschlagen, sich eine Arbeit in der Praxis von Marys Therapeutin zu beschaffen.
00:47:52: um dort deren Patientenakte zu entwenden.
00:47:56: Mit diesen Unterlagen, so erklärte sie Bille, wolle sie belegen, dass ihre Tochter Zitat bescheuert und psychotisch sei und damit unglaubwürdig.
00:48:04: Also, steh mal vor, du sitzt da als Tochter und hörst dann sowas von einer Zeugin, dass der eigenen Mutter ist.
00:48:13: quasi recht gewesen wäre, wenn nötig mit Gewalt sie dazu zu bringen, ihre Anzeige zurückzunehmen.
00:48:21: für etwas, was ihre eigene Mutter ihr gestanden hat.
00:48:23: Also es ist wirklich so gruselig, wie die Mutter hier mit ihrer Tochter umgeht.
00:48:29: Also
00:48:31: total gewissenlos.
00:48:33: Ja, es hätten die Geins miteinander zu tun.
00:48:36: Und als wäre das jetzt ihre Feindin.
00:48:38: Dabei muss sie auch auf sich selbst klarkommen, weil sie hat es ihr erzählt.
00:48:43: Dann hätte sie es vielleicht auch nicht erzählen sollen.
00:48:46: Naja.
00:48:47: Als nächstes tritt nun eine psychiatrische Sachverständige auf, die ihre Einschätzung zu Siebille abgeben soll.
00:48:53: Mit Siebe der Selbst konnte sie nicht sprechen, da diese eine Exploration verweigert hat.
00:48:58: Hier gut achten schütze Experten daher auf die in der Hauptverhandlung gehörten Zeuginnen sowie auf bereits vorliegende Beweismittel.
00:49:05: Nüchtern fasste zusammen, was den Anwesenden in den vergangenen Verhandlungstagen ohnehin deutlich vor Augen geführt wurde und zwar durch das Verhalten der Angeklagten selbst.
00:49:14: Die Bilder sei stark selbstbezogen und egozentrisch.
00:49:17: Sie verfüge über wenig Empathie und agiere gegenüber anderen manipulativ.
00:49:22: Hinzu kommt ein übersteigertes Selbstwertgefühl, verbunden mit dem fehlenden Willen Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen.
00:49:29: Ihre Persönlichkeitszeige ausgeprägte nazistische, histrionische und psychopathische Züge.
00:49:35: Allerdings, so die Gutachterin, erreichten diese Merkmale nicht den Grad einer klinisch relevanten Störung.
00:49:40: Diese Bille habe zu Tatzeitpunkt weder Einschränkungen ihrer Einsichts noch in ihrer Steuerungsfähigkeit aufgewiesen und seit damit voll schuldfähig.
00:49:50: Am Ende des Prozesses stellt sich für die Kammer die zentrale Frage.
00:49:53: Gibt es genügend Indizien dafür, dass Sibylle am siebten Mai im Jahrzehntag tatsächlich versucht hat, ihren Ehemann mit Frostschutzmittel zu töten?
00:50:01: Für die Staatsanwaltschaft steht dies weiterhin außer Zweifel.
00:50:04: In seinem Schlussplädoyer fordert der Ankläger für Sibylle wegen heimtürkischen Mordversuchs aus Harbgir an Arleys eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren.
00:50:11: Die Verteidigung hingegen beharrt weiter auf ihrem Kernargument.
00:50:15: Es gebe keinen Beweis für eine Vergiftung.
00:50:18: Die Willesanwältin spricht von einem Konstrukt der Anklage, zeichnet erneut das Bild eines Komplots von Alois und Marie und fordert Freispruch im Zweifel für die Angeklagte.
00:50:29: Am XXV.
00:50:30: Mai, nach neuen Verhandlungstagen ist es soweit, der Tag der Entscheidung.
00:50:35: Die Stimmung ist angespannt.
00:50:37: Durch die schwere Heutztür dringt noch Stimmgewirr nach außen, dann wird es still.
00:50:42: Die Tür zum Beratungszimmer öffnet sich, die Kammer nimmt Platz.
00:50:45: Drei Richter innen, zwei Schöpfenden.
00:50:47: Dann verkündet der Vorsitzende Richter.
00:50:49: Die Strafkammer erlässt in dem Strafverfahren gegen die angeklagte folgendes Urteil.
00:50:54: Die angeklagte ist schuldig des versuchten Mordes in Tarteinheit mit gefährlicher Körperverletzung.
00:50:58: Mit der Urteilsbegründung macht der Vorsitzende deutlich, dass das Gericht es als erwiesen ansieht, dass die angeklagte am Sieb Mai, dass sie ihren Ehemann zu töten, und zwar auf eine Weise, die an Hinterhältigkeit und Kälte kaum zu übertreffen ist.
00:51:13: Eine Tat, die nicht nur von Gier getrieben war, sondern vor allem eines zeigt den tiefsten Verrat.
00:51:20: Vier Tage, nachdem ihre Scheidungsanwältin ihr jede Hoffnung genommen hat, mit Zebilles Augen einer fairen Trennung finanziell gut dazustehen, zieht Zebille ihre eigene Konsequenz.
00:51:30: Wenn der offizielle Weg versperrt ist, will sie eben selbst dafür sorgen, dass sie für die Zukunft abgesichert ist.
00:51:36: Dazu wartet sie an diesem Montagabend im Mai darauf, dass ihr Mann das Essen, was er sich gerade auf dem Herd erhitzt, für einen Moment aus den Augen lässt.
00:51:43: Als Aloysch ließ sich den Raum verlässt und ins Wohnzimmer geht, ergreift die seventy-jährige die Gelegenheit.
00:51:49: Rasch greift zur Flasche und kippt das Frostschutzmittel in den Topf.
00:51:53: Eine Flüssigkeit, die sowohl nahezu geruchlos als auch geschmacklos ist.
00:51:57: Für Alois demnach nicht erkennbar, für Sebilde der Versuch ihr Ziel auf perfide Weise zu erreichen.
00:52:04: Gegen neunzehn Uhr setzt sich Alois mit seinem Teller neben Sebilde ins Wohnzimmer.
00:52:08: Gemeinsam schauen sie fern, doch während er ahnungslos sein letztes Abendmal ist, weiß sie längst, was in den nächsten Stunden geschehen soll.
00:52:16: Ihr Mann soll sterben, sterben, während sie sich in derselben Wohnung befindet.
00:52:21: Gegen zwanzig Uhr dreißig zeigen sich dann auch schon die ersten Symptome.
00:52:25: Alois wird schwindelig.
00:52:26: Er steht auf und Sebele fragt, ob es ihm schlecht geht.
00:52:29: Sauschlecht, antwortet er, bevor er schwankend ins Badezimmer geht und sich übergibt.
00:52:35: Doch statt zu erkennen, welches Leid sie im Ehemann in diesem Moment zufügt und Hilfe zu holen, entscheidet sich Sebele für einen anderen Weg.
00:52:42: Sie steht ebenfalls auf, geht ins Schlafzimmer, nimmt eine Schlaftablette, legt sich ins Bett, steckt sich Ohrenstöpsel in die Ohren und zieht die Schlafmaske über die Augen.
00:52:52: So bemerkt sie natürlich nicht, wie Alois nur kurze Zeit später aus dem Badezimmer verzweifelt nach Hilfe schreit.
00:52:58: Denn im zweiundachtzigjährigen geht es immer schlechter.
00:53:01: Die Beine wollen ihn nicht mehr tragen.
00:53:03: Schwäche und Schwindel lassen ihn nicht fortkommen.
00:53:06: Seine Sinneswahrnehmung verschwimmen.
00:53:07: Licht, Konturen, Geräusche scheinen wie hinter einem dichten Schleier.
00:53:11: kalter klebriger Schweiß steht ihm auf der Stirn, das Herz rast, der Atem brennt in der Kehle und der Magen verkrampft sich.
00:53:18: In diesem Moment begreift Alois die Ernsthaftigkeit seiner Situation.
00:53:22: Alois braucht dringend Hilfe, davon seiner Frau bekommt er sie nicht.
00:53:26: Also beginnt er, auf allen Vieren aus dem Badezimmer zurück ins Wohnzimmer zu griechen.
00:53:31: Die wenigen Meter werden zu einer Qual.
00:53:33: Jede Bewegung kostet ihn Kraft.
00:53:35: Angekommen greift er mit zittrigen Händen nach seinem Telefon.
00:53:38: Die Finger tassen sich blind zur Kurzwahl-Taste, die ihn mit einer Freundin verbindet.
00:53:43: Als diese abhebt, bringt Alois nur wenige Worte heraus.
00:53:47: Die Freundin erkennt sofort die Dringlichkeit und Versprichthilfe.
00:53:50: Kurze Zeit später stehen Rettungssanitäter in der Wohnung in Neuperlach.
00:53:55: Die Rettungskräfte finden Alois Kreidebleich am Boden im Flur.
00:53:59: Immer wieder muss er sich vor ihnen übergeben.
00:54:01: Während er erst versorgt wird, geht einer der Sanitäter ins Schlafzimmer, um nach Sibylle zu sehen.
00:54:07: Die liegt friedlich im Bett, die Schlafmaske noch auf der Nase.
00:54:12: Erst noch mehrmaligem Wecken reagiert sie.
00:54:14: Doch anstatt ihren Mann ins Krankenhaus zu begleiten, entscheidet sich die seventy- vierjährige dagegen.
00:54:19: Sie will nicht mit ansehen, wie er gerettet wird, denn ihr Plan für ihn war ein ganz anderer.
00:54:24: Nach einer Woche wird Alois aus dem Krankenhaus entlassen, wohlwissend, dass er dem Tode gerade noch einmal von der Schippe gesprungen ist.
00:54:32: Die Zeit, die dem Zwei-und-Achzig-Jährigen jetzt noch bleibt, will er genießen und nicht mit seiner noch Ehefrau verbringen.
00:54:38: Und so macht er sich kurzerhand direkt nach der Entlassung auf eine Wohnmobiltour durch Frankreich.
00:54:43: Während er sein neu gewonnenes Bewusstsein genießt, googelt Zebilles schon nach neuen Giftstoffen, mit denen es nicht nur bei einem Mordversuch bleiben soll.
00:54:51: Hätte sie ihrer Tochter nicht einige Tage später von der Tat erzählt und sie damit dazu gebracht, zur Polizei zu gehen und Anzeige zu erstatten, wer weiß, wie es ausgegangen wäre.
00:55:01: Vielleicht sei sie Alois heute nicht als Nebenkleger im Gerichtssaal, vielleicht stünde sie Bille nicht nur wegen versuchten Mordes vor Gericht.
00:55:09: Die Kammer ist sich jedenfalls sicher, sie.
00:55:11: Billes Tat war geplant, vorbereitet und aus Habgier motiviert.
00:55:15: Mit dem Ziel, sich Witwenrente, Pflichtteil und Zugriff auf Alois Vermögen zu sichern.
00:55:20: Heimtürkisch sei ihr Vorgehen gewesen, da der Angriff aus einer arg und wehrlosen Alltagssituation heraus erfolgte.
00:55:26: Das Alois weder starb, noch schwere Schäden davon, trug sei einzig dem schnellen medizinischen Eingreifen und seinem frühzeitigen Erbrechen zu verdanken.
00:55:35: In ihrer Entscheidung stützen sich die Richterinnen auf die überzeugende Indizienlage, die digitalen Spuren, die gefälschte Generalvollmacht, das medizinische Sachverständigen Gutachten und vor allem die glaubhafte von Schuldgefühlen geprägte Aussage von Marie.
00:55:49: Die Theorie eines Komplots zwischen Alois und Marie wird als unbelegt und mit den Fakten unvereinbar zurückgewiesen.
00:55:56: Als Tat- und Schuldangemessen verhängt das Gericht schließlich eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten.
00:56:02: Die Worte heilen nach im großen Saal, schwer wie ein Hammerschlag.
00:56:06: Siebille reagiert kaum.
00:56:08: Aufrecht sitzt sie da, die Finger ineinander verschränkt.
00:56:12: Keine Träne, kein Aufschrei, keine Geste.
00:56:14: Für einen Augenblick wirkt sie erstarrt, das Gesicht so ausdruckslos wie während des gesamten Prozesses.
00:56:21: Sie wird wissen, dass dieses Strafmaß für eine seventy- jährige womöglich bedeutet, den Rest ihres Lebens hinter Gittern zu verbringen.
00:56:28: Damit wird sie ihren Lebensabend nicht wie geplant in siebten Himmel mit finanzieller Absicherung verbringen, sondern in einer kalten anonymen Zelle, in einem Gefängnis, das ihr letzter Wohnort sein könnte.
00:56:39: Schon
00:56:40: zwei tausendsechzehn hatte Alois den Wunsch, dass die Bille auszieht.
00:56:44: Er überlegte, wie er das erreichen könnte, ohne sie einfach vor die Tür zu setzen und kürzte er schließlich die monatlichen Überweisungen um hundertfünfzig Euro.
00:56:53: Er wollte seine einstige Liebe nicht im Regen stehen lassen, zugleich aber sicherstellen, dass er sein Leben so verbringen konnte, wie er es sich nach dem vermeintlichen Schlaganfall geschworen hatte, frei, glücklich und nicht in einer Ehe, die längst nur noch ein Nebeneinander war, ohne echte Gemeinsamkeit.
00:57:08: Doch niemals, nicht in seinen schlimmsten Albträumen hätte er sich vorstellen können, warum es schließlich tatsächlich zum Auszug seiner Frau kommen sollte.
00:57:16: Der Fakt, dass sie ihn töten wollte, ist noch immer nicht wirklich zu ihm durchgedrungen.
00:57:21: Als er im Juni, durch Frankreich fuhr, dachte er noch immer, dass er wahrscheinlich einen Schlaganfall gehabt hatte.
00:57:28: Als die Polizei ihn kontaktierte und von dem Verdacht berichtete, konnte er es nicht glauben.
00:57:32: Wie auch.
00:57:33: Es hätte doch alles so schön sein können.
00:57:35: So, wie Aloys es sich im Juni-Zweißen-Elf ausgemalt hatte, als er mit pochendem Herzen im Flieger nach Berlin saß, voller Hoffnung auf ein neuer Anfang im späten Leben.
00:57:44: Die Aussicht auf Liebe und ein letztes Kapitel voller Zufriedenheit hatten ihn damals alle Zweifel überwinden lassen.
00:57:51: Doch der Traum von Nähe und Vertrauen zerbrach.
00:57:53: Die Frau, die er eins lebte, vergiftete sein Essen und beging damit den größten Verrat überhaupt.
00:58:00: Für Aloys wurde der Siebte Mai-Zweißen-Achzehn zu metaphorischen Letzten ab.
00:58:04: mal.
00:58:04: Nur Ante Ernicht, dass seine Frau ihn da längst hintergangen hatte.
00:58:10: Ja, Augenauffall, online-Dating, ja.
00:58:12: Also was man sich dann da noch so ins Haus holt, ist ja grauenhaft.
00:58:16: Was ich so krass finde, es ist halt so, es ist ja nicht, weiß es so gewesen, wie jetzt so ein... Tinder Swindler oder wie der Trainetrockner oder so, dass das so von Anfang an darauf hinausgelaufen ist.
00:58:29: Die waren ja schon jahrelang auch zusammen und ich will das ja auch diese Bilder nicht unterstellen, dass, keine Ahnung, die nie verliebt war oder so und es immer nur um finanzielle Absicherung ging oder so.
00:58:40: Aber auf der anderen Seite, wenn man hört, wie sie das angegangen ist und wie sie auch im Nachhinein darüber geredet hat und zum Beispiel dieses Meme versendet hat, dann denkt man sich schon, Kann diese Frau überhaupt jemanden lieben?
00:58:53: Weil ich meine, es ist ja wirklich so gewesen, dass der Aloys ja auch weiterhin die ganze Zeit Geld überwiesen hat, obwohl ja schon eigentlich einen klar war hier.
00:59:02: Das läuft ja eigentlich nicht mehr und kannst du jetzt eigentlich bitte ausziehen.
00:59:06: Also man kriegt zumindest den Eindruck auch, wenn man ihre Vergangenheit sich an sieht, dass das schon auch ein sehr wichtiger Bestandteil für diese Beziehung war.
00:59:14: Ja, vor allen Dingen, da sie ja zu dem Zeitpunkt, als sie ihn kennengelernt hat, auch schon wieder zweiundzwanzigtausend Euro in den Miesen war.
00:59:22: Aber auch, ja, man sieht es ja auch irgendwie an der Beziehung zu ihren Töchtern, dass da irgendwas fehlt bei ihr.
00:59:31: Und keine Ahnung, man kann ja eh immer nur spekulieren und so, aber die hatte ja auch eine schlimme Kindheit oder zumindest das, was man weiß, hat sich nicht besonders gut angehört, dass ihre Mutter sich als ihre Tante ausgegeben hat und sie da nie irgendwie so eine Sicherheit zu Hause gespürt hat.
00:59:50: Und was mich auch berührt hat ist, dass Marie vor Gericht sie dann trotzdem noch mal ... auch so ein bisschen in Schutz genommen hat, weil sie das auch damit so ein bisschen begründet hat.
01:00:00: Also sie hat dann auch gesagt, ja, ihre Mutter hatte ja auch nicht so eine leichte Kindheit und so.
01:00:07: Also obwohl sie ihre Mutter sozusagen ja... der Polizei ausgeliefert hat in Anführungszeichen.
01:00:12: Hat sie trotzdem noch versucht, für das Verhalten ihrer Mutter eine Erklärung zu finden?
01:00:16: Es finde ich ganz schlimm, wenn Kinder immer so versuchen, Rechtfertigungen für das Verhalten ihrer Eltern zu finden.
01:00:24: Und ich meine, hier muss man ja wirklich sagen, dass das hier bei der Sibyllin Ausmaß angenommen hat.
01:00:29: Die war ja bereit, jeden Menschen in ihrem Umfeld unter einem Bus zu werfen, einfach nur um sich einen Vorteil davon zu verschaffen.
01:00:36: Ja.
01:00:37: Der arme A-Leusch.
01:00:38: Ja.
01:00:39: Weil davon jetzt sich nochmal zu erholen, das stellt man sich schwierig vor.
01:00:45: Aber man wünscht ihm natürlich auch, dass er nicht alleine jetzt noch die restlichen Jahre durchs Leben gehen muss.
01:00:52: Nächste Woche erzähle ich hier beim Mordbluss.
01:00:54: Laura kann ich dir ja schon mal sagen, von einem ganz untypischen Fall.
01:00:57: Und zwar geht es da um ein Ereignis, was mich vor sehr vielen Jahren so bewegt hat, dass es bis heute Einfluss auf mein Leben hat.
01:01:05: Das ist ein richtig guter Teaser.
01:01:08: Da muss ich einschalten.
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